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Urteil des OVG Münster vom 30.11.2021 (9 A 118/16) erweitert Maut-erstattungsansprüche [EuGH C-321/19]

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Urteil des OVG Münster vom 30.11.2021 (9 A 118/16) erweitert Mauterstattungs-ansprüche [EuGH C-321/19]

In dem von unserer Kanzlei für eine Gruppe polnischer Transport-unternehmen geführten Musterverfahren zur Erstattung der durch die Bundesrepublik Deutschland unionsrechtswidrig berechneten LKW-Maut fand am 30.11.2021 vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster (Az. 9 A 118/16) die Fortsetzung der mündlichen Verhandlung statt. An dieser Stelle danken wir zunächst Herrn Professor Dr. Alexander Eisenkopf von der Zeppelin Universität in Friedrichshafen, der uns als sachverständiger Beistand mit einer gutachterlichen Stellungnahme und in der mündlichen Verhandlung als sachverständiger Beistand unterstützt hat, für die gute und sehr engagierte Zusammenarbeit. Nach mehr als fünfstündiger mündlicher Verhandlung hat der 9. Senat des OVG am 30.11.2021 das Berufungsurteil erlassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Da das OVG Münster die Revision ausgeschlossen hat, kann das Urteil von beiden Parteien lediglich mit der Nichtzulassungsbeschwerde angegriffen werden.

Hier die wichtigsten Entscheidungen des OVG auf einem Blick:

 

  •  3,68 % Erstattung für Verkehrspolizei(Zahlung erfolgt)
  • 4,91 % Erstattung für Kapitalisierung des Grundvermögens
  • Unionsrechtliche Zinsen: ab Zahlung

Zinsen als „Gamechanger“

Die in der Öffentlichkeit bisher unbeachtet gebliebene Ausurteilung der europäischen Zinsen ist für die Antragsteller der Erstattung der Maut unabhängig vom Zeitraum ein „Gamechanger“. In der festen Überzeugung, aufgrund der fehlenden nationalen Rechtsgrundlage nicht zur Verzinsung der Erstattungsbeiträge im Zeitraum zwischen Entrichtung der Maut und der Erstattung verpflichtet zu sein, hat sich der Bund bei der Umsetzung des EuGH-Urteils vom 28.10.2020 (C-321/19) bisher zu einer Verschleppungstaktik entschieden. So wurde die Erstattung des Anteils der Kosten der Verkehrspolizei unter dem Vorwand juristisch sehr fragwürdiger Argumente bisher auf den Zeitraum vom 28.10.2020 bis 30.09.2021 beschränkt. Auf diese Weise sollten möglichst viele Ansprüche verjähren und die Antragsteller durch den Zeitablauf zermürbt werden. Diese Strategie durchkreuzt nunmehr das OVG-Urteil. Ein weiteres Aussitzen der Erstattung dürfte den Steuerzahler jedenfalls teuer zu stehen kommen, da angesichts allein für die Neuzeiträume von ca. 36.000 Anträgen mit einem geschätzten Gesamterstattungsvolumen von ca. 1 Mrd. Euro und einer jährlichen Zinslast von ca. 50 Mio. Euro ausgegangen werden muss. Bei Ausschöpfung des Rechtsweges (Nichtzulassungs-beschwerde, Revision, ggfs. Zurückverweisung an die Berufungsinstanz) muss mit einer weiteren Verfahrensdauer von fünf Jahren gerechnet werden, in denen sich allein für diesen Zeitraum die Zinsen auf die Höhe der Hälfte des Schadens der PKW-Maut belaufen dürften.

Es kommt hinzu, dass in politischer Hinsicht die neue Regierung wohl nur wenig Veranlassung dazu haben dürfte, sich zur Geisel der Altlasten von Ex-Minister Scheuer und seinen Amtsvorgängern zu machen. Jeder Cent an neuen Zinsen fällt vielmehr ab jetzt in den Verantwortungsbereich der neuen Regierung.

Folgen des Urteils für die Mauterstattungsansprüche anderer Zeiträume

Durch die Ausurteilung der unionsrechtlichen Zinsen und dem ebenfalls von unserer Kanzlei für die Neuzeiträume (2016-2020) bereits seit 01.12.2020 vor dem Verwaltungsgericht Köln [Az. VG Köln, 14 K 6556/20] anhängigen Musterverfahren ist es derzeit nach unserer Auffassung nicht erforderlich, die Ansprüche für die späteren Zeiträume selbst gerichtlich geltend zu machen. Vielmehr kann im Vertrauen auf die unionsrechtlichen Zinsen der Musterprozess für die Folgezeiträume abgewartet werden.

Vorsicht geboten ist hingegen bei der Nutzung des vom Bundesamt für Güterverkehr geschaffenen Erstattungsportals für den Zeitraum 28.10.2020 – 30.09.2021. Es sieht keine volle Erstattungsmöglichkeit vor. Insbesondere bestand zum Zeitpunkt der Verfassung dieses Artikels noch keine Möglichkeit zur Geltendmachung unionsrechtlicher Zinsen. Deshalb raten wir von der Nutzung des Portals ab.

Verjährung droht!

Zur Verjährungsunterbrechung ist es jedoch unbedingt erforderlich, die Mautansprüche ab 2018 noch vor dem Jahresende geltend zu machen. Gleiches gilt für die unionsrechtlichen Zinsen!

Mit der Erfahrung aus acht Jahren Mustermautprozessen stehen wir Ihnen gerne als kompetenter Ansprechpartner für die Durchsetzung Ihrer Ansprüche zur Verfügung!

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